Hallo und willkommen zurück zu khamodesign!
Zu Beginn dieses Monats haben wir eine neue Blogserie unter dem Titel „Men of today“ gestartet. Alle, die unseren Blog verfolgen wissen, dass wir diesen als Pendant zu unserer älteren Blogserie, der „Wicked Women Wednesday“ - Reihe, eingeführt haben. Heute wollen wir nun daran anknüpfen, und uns einem weiteren Mann unserer Zeit widmen, welcher für einige Furore gesorgt hat.
Doch bevor wir tiefer in seine Materie eintauchen, wollen wir kurz einen näheren Blick auf etwas anderes werfen. Und zwar auf unsere khamodesign Produktpalette! Neben der hervorragenden Qualität unserer Kleidungsstücke geht es uns natürlich vor allem auch um die Designs derselben! Niemand geht voller Selbstbewusstsein mit einem schlecht entworfenen Statement - Shirt aus dem Haus, oder? Deshalb haben wir es uns zum Ziel gesetzt, nur einwandfreie Designs auf unsere Produkte drucken zu lassen und damit unseren Kunden eine Möglichkeit zu bieten, je nach Tagesstimmung ein passendes Shirt, Hoodie oder Kleid zu wählen. Unterstreiche deine Individualität mit deiner Kleiderwahl und trage sie somit nach außen!
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In unserem letzten „Men of today“ Blogeintrag haben wir bereits darüber gesprochen, dass für uns die Gegenwart die wichtigste Zeit ist. Die Vergangenheit definiert einen Teil davon, wer und wie wir sind, aber wir können sie nicht ändern, genauso wenig können wir in die Zukunft blicken und diese nur mehr als ein bisschen beeinflussen. Alle Zeiten, die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft sind wichtig, aber die für uns relevanteste ist immer noch das Jetzt. Ein Mann, der schon in der Vergangenheit gewirkt hat, aber immer noch Einfluss auf einige aktuelle Ereignisse hat, ist Deniz Yücel. Was genau er bewirkt hat, lest ihr im folgenden Artikel…
Warum Deniz Yücel?
Auf den ersten Blick würde man nicht vermuten, dass dieser Mann einen besonders großen Einfluss auf unsere Zeit oder gar auf politische Ereignisse hätte. Und doch war der Name Deniz Yücel vom Februar 2017 bis ein Jahr darauf in aller Munde. Grund dafür war seine Gefangennahme. Ja, ihr habt richtig gehört, wir berichten über jemanden, der ein Jahr seines Lebens von der türkischen Justiz mit Freiheitsentzug bestraft wurde. Da die türkische Regierung, allen voran der derzeitige Präsident, auch nicht unbedingt dafür bekannt sind öffentlichen Medien die benötigte Pressefreiheit zuzugestehen, ist dies aber auch nicht weiter verwunderlich. Denn Deniz Yücel setzte sich als Journalist genau für diese Freiheit ein und berichtete ohne Angst als Auslandskorrespondent in Istanbul für die deutschlandweite Tageszeitung „Welt“ über die Geschehnisse in der türkischen Großstadt. Und über die Regierung.
Eigentlich könnten wir an dieser Stelle mit dem Artikel schließen, denn mittlerweile kann sich jeder ausmalen, dass Deniz Yücel wegen regimekritischer Texte inhaftiert wurde. Aber wir möchten uns mit dem Charakter dieses Mannes beschäftigen, der 1973 als Kind zweier türkischer Arbeitsimmigranten in Flörsheim am Main geboren wurde.
Im Podcast „Fest und Flauschig“ der beiden Satiriker Olli Schulz und Jan Böhmermann berichtete er am 13. Oktober 2019 von seiner Kindheit in Deutschland, über bürokratische Hindernisse, die weder die eine noch die andere Seite verstand, und schließlich auch über seine Zeit in Silivri Nr. 9, dem größten Hochsicherheitsgefängnis Europas. Dieses erlangte traurige Berühmtheit, durch seine vielen prominenten Insassen, die dem türkischen Regime ein Dorn im Auge waren. Auf der Liste der Inhaftierten stehen Namen vieler Journalisten, Politikwissenschaftler, Juristen und Schriftsteller, die es gewagt haben mit ihrer kritischen Meinung an die Öffentlichkeit zu gehen.
Es bahnt sich an
So erging es auch Deniz Yücel.
Sein Name wurde zum ersten Mal weithin bekannt, als er über den Hackerangriff der linksextremen Gruppe „Redhack“ berichtete. Diese hatte mehrere tausend E-Mails, aus welchen einwandfrei hervorgeht, dass der türkische Präsident nach dem Vorbild Wladimir Putins ein Twitter – Team aufgebaut hatte, an die Oppositionspartei der türkischen Regierung weitergegeben. Dieses Team kümmert sich nicht nur darum, dass sein Arbeitgeber gut wegkommt, sondern versorgt auch dessen Anhänger mit reichlichen, wenn auch nicht ganz hieb- und stichfesten Argumenten, die seine Superiorität steigern sollen. Dadurch hetzen die Anhänger Erdogans fast von ganz allein gegen kritische Stimmen, ohne dass es auf die Regierung zurückfällt. Genial für ihn, aber eben nicht ganz das, womit man im In- und Ausland Punkte sammeln kann. Und die Türkei ist auch nicht ganz so mächtig wie das Vorbild Russland in dieser Geschichte, gegen das man noch schwerer ankommt.
Es wäre ja schon kontraproduktiv genug gewesen, wenn dieser Umstand nur in der Türkei bekannt geworden wäre. Das aber auch noch ein türkisch stämmiger Journalist für ein fremdes Land kritische Berichte verfasst, wurde beinahe mit einem Verrat am Vaterland gleichgesetzt.
Das „Verbrechen“
Deniz Yücel wurde auch schon zuvor für den Umstand seiner Herkunft und doppelten Staatsbürgerschaft schikaniert und in seiner Arbeit behindert. So wartete er über eineinhalb Jahre auf seinen Presseausweis, der aber nie kommen sollte. Offiziell wurde sein Antrag nicht abgelehnt, aber er wurde eben auch nicht bearbeitet.
Dann folgte seine Inhaftierung, allerdings erst, als er sich selbst an die Polizei in Istanbul auslieferte. Zuvor war er aus der Stadt geflohen und hielt sich über 50 Tage in der Residenz der deutschen Botschaft im Bosporus auf – und zwar in direkter Nachbarschaft zu Recep Erdogan, dem das nächste Haus als Residenz dient. Ohne es zu wissen, teilte der türkische Präsident also die Atemluft mit eben jenem Mann, der seine Regierung und ihre Methoden auf einzigartige Weise international vorgeführt hatte.
In dieser Zeit versuchte Deniz verzweifelt einen Anwalt zu finden, der sich mit diesem Fachthemengebiet auskannte und ihn vor dem Gericht vertreten konnte. Doch das war alles andere als ein Kinderspiel, denn die wenigen die es gab, waren völlig überlastet. Offenbar hatten die Regierung und ihr Oberhaupt etwas gegen viele der internationalen und nationalen regimekritischen Journalisten. Zu diesem Zeitpunkt war in Deutschland noch nichts über Deniz‘ Fall bekannt, denn um ihn nicht noch weiter in die Bredouille zu bringen, wurden alle Eingeweihten angehalten vorerst darüber zu schweigen. Niemand konnte sich vorstellen, dass er tatsächlich wegen seiner Texte inhaftiert werden würde, vor allem weil keine Anklageschrift vorlag. Das sollte auch bis zu seiner Freilassung nie der Fall sein.
Irgendwann sickerte trotzdem etwas durch, aber um dem unerträglichen Warten ein Ende zu setzen, meldete sich Yücel bei der Polizei in Istanbul.
Als Gründe für seine Festnahme wurden von offizieller Seite her Volksverhetzung und Terrorpropaganda für die PKK genannt. Dass Yücel für die Aussagen seines Interviewpartners jener Partei nicht verantwortlich gemacht werden kann, interessierte da niemanden. Der Staatsanwalt forderte 17 Jahre Haft, in seinen Augen die angemessene Strafe für die angeblichen Vergehen, die im deutschsprachigen Raum weitgehend als Presse- und Meinungsfreiheit verstanden werden. Interessant ist nur, dass diese Artikel auch nach türkischem Recht schon zu lange zurück lagen, um noch die Grundlage für eine Anklage zu sein. Trotzdem wurde der Journalist vom türkischen Präsidenten immer wieder als „Agentterrorist“ und „Spion“ bezeichnet und mit angeblichem Videomaterial zu erpressen versucht.
Das gibt Buchmaterial
Darüber, aber auch über die zarte Liebesgeschichte, die sich zwischen ihm und seiner damaligen Freundin, jetzt Ehefrau Dilek Mayatürk-Yücel entspann, berichtet Deniz in seinem Buch „Agentterrorist“, welches im Oktober 2019 erschien. Zuvor hatte er es schon geschafft, heimlich Texte aus dem Gefängnis nach draußen zu schmuggeln und seine alten Schriften zu überarbeiten. Zusammen mit Doris Akrap veröffentlichte er unter dem Titel „Wir sind ja nicht zum Spaß hier“ Texte, Glossen und Reportagen aus 13 Jahren seines Schaffens. In diesem Buch beißen einen die Seiten fast in die Hand vor lauter Satire und Gesellschaftskritik. Das ist allerdings nicht der Fall für „Agentterrorist“. Hier ist der Unterton deutlich nachdenklicher und ruhiger, ganz ohne Humor geht es aber auch hier nicht. Dieser baut hauptsächlich auf den vielen paradoxen Situationen und Umständen seiner Inhaftierung auf. Denn paradox ist es, wenn der ehemalige Polizeichef, der einige der Insassen hierhergeschickt hat, nun selbst zu einem Zellennachbarn wird oder Yücel trotz Gesetzgebung misshandelt wird.
Doch wozu das alles? Deniz Yücel war sich nach eigener Aussage durchaus darüber im Klaren, dass es für ihn als Auslandskorrespondent ungemütlich werden könnte. Und ob nun aus Heldenmut, Sturheit oder einfach Arbeitsmoral beschloss er, den Kopf für die Pressefreiheit und für seine Stimme hinzuhalten. Und der türkische Präsident hat sich mit Yücels Verhaftung und grotesken Inhaftierung sensationell selbst in das Knie geschossen und vorgeführt. Das merkt man auch an den Wahlen, denn im Mai 2019 erfuhr seine Partei zum ersten Mal eine herbe Niederlage, genauso wie bei der Wiederholungswahl einen Monat später. Erdogans Tage sind gezählt, und der Fall Deniz Yücel samt dem nachfolgenden Wirbel hat sicherlich dazu beigetragen.
Deniz Yücel wurde nach 367 Tagen Haft entlassen. Mitverantwortlich dafür ist bestimmt auch das Eingreifen der deutschen Bundesregierung, aber das ist nicht der einzige Grund. Denn Yücels Kollegen und Freunde ließen sich nicht mundtot machen, sondern gingen für seine Freiheit immer wieder auf die Straße und demonstrierten. Aber am wichtigsten war trotzdem der Mut und das Durchhaltevermögen von Deniz Yücel persönlich. Seine Geschichte ist ein Glück im Unglück, denn sie war das berühmte Züngelchen an der Waage, die eine ganze Nation beeinflussen kann.
Genau zu solchen Eigenschaften und Durchhaltevermögen möchten wir viele Menschen animieren und unseren Beitrag leisten. Nicht nur durch unsere Designs, sondern auch durch den Aufbau einer Community, die diese Ideale teilt. Sei eine Inspiration und Ermutigung für andere!
P.S.
Wir haben hier leider nicht genügend Platz, um über alles in vollem Umfang von Deniz Yücel zu berichten. In diesem Jahr und davor ist noch viel mehr passiert, dass interessant uns wissenswert ist. Wenn ihr noch mehr dazu erfahren möchtet, dann solltet ihr euch entweder durch die vielen Artikel in der „Welt“ arbeiten, oder ihr hört euch die Podcast Folge „Im Keller des Kalifen“ von Fest & Flauschig auf Spotify an. Die beste Möglichkeit ist natürlich, sich das Buch „Agentterrorist“ persönlich vorzunehmen. Das ist allerdings die zeitaufwändigere Variante, denn Deniz Yücel brauchte knapp 400 Seiten, um alles zu erzählen. Davon abhalten lassen sollte man sich allerdings nicht.
Sabina Annette Khan dankt herzlich für diesen Blogeintrag
Der Artikel wurde geschrieben von Julia Köttritsch, einer Kostümdesign Studentin der HAW Hamburg. Sie ist für den Blog von khamodesign zuständig und bringt euch sowohl in regelmäßigen Abständen starke Frauen im Wicked Women Wednesday näher, als dass sie auch über die Neuigkeiten von khamodesign berichtet.
Quellen:
Welt, „Alles, was ich verlange, ist ein fairer Prozess“; Deniz Yücel; 04.05.2017
zuletzt aufgerufen am 26.10.2019
Welt; „Die geheime Troll-Armee des Recep Tayyip Erdogan“; Deniz Yücel; 13.12.2016
zuletzt aufgerufen am 26.10.2019
Welt; „Deniz Yücel“; Steckbrief; Verfasser unbekannt; Datum unbekannt
https://www.welt.de/autor/deniz-yuecel/
zuletzt aufgerufen am 26.10.2019
Welt; „Das waren überraschend klare Worte von Merkel“; Sascha Lehnartz; 27.04.2017
zuletzt aufgerufen am 26.10.2019
Welt; „Türkisches Verfassungsgericht gibt Deniz Yücels Klage recht“; Verfasser unbekannt; 28.06.2019
zuletzt aufgerufen am 26.10.2019
Edition Nautilus; „Deniz Yücel: Wir sind ja nicht zum Spaß hier“; Verfasser unbekannt; Datum unbekannt
https://edition-nautilus.de/programm/wir-sind-ja-nicht-zum-spass-hier/
zuletzt aufgerufen am 26.10.2019
taz; „Der Agentterrorist erzählt“; Jürgen Gottschlich; 08.10.2019
https://taz.de/Deniz-Yuecels-Buch-ueber-seine-Haft/!5628286/
zuletzt aufgerufen am 26.10.2019
Deutschlandfunk; „Ich bin zum Spielball internationaler Politik geworden“; Sebastian Wellendorf; 10.10.2019
zuletzt aufgerufen am 26.10.2019
Kiepenheuer & Witsch; „Agentterrorist“; Verfasser unbekannt; Datum unbekannt
https://www.kiwi-verlag.de/buch/agentterrorist/978-3-462-31962-0/
zuletzt aufgerufen am 26.10.2019
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