Hallo und willkommen zurück zu khamodesign!
Ich weiß, ich weiß. Viel von euch werden sich jetzt denken: „Aber es ist doch gar nicht Wicked Women Wednesday!“ Das stimmt auch, aber khamo möchte ja nicht nur Produkte und Blogartikel für Frauen machen. Ganz im Gegenteil, das war nur der Anfang. Khamo steht dafür eine Community zu bilden, die natürlich nicht nur aus Frauen besteht. Unsere Produkte sind Gender übergreifend.
Die meisten von euch werden unsere drei Grundsätze schon kennen. Falls nicht, dann sind sie hier noch einmal für euch verlinkt:
Doch abgesehen davon wollen wir noch mehr. Unser Label und unsere Designs zielen darauf ab, dass die Menschen, die die damit bedruckten T-shirts, Hoddies, Beutel, etc. tragen, ein Statement setzen sollen und wollen.
Khamo steht für Offenheit, für Respekt einander und der Umwelt gegenüber, für Gerechtigkeit und dafür, den Nerv der Zeit zu treffen. Die Kleidungsstücke sollen einen Austausch untereinander bieten.
Ein ähnliches Anliegen hatte auch die folgende Person, und wir sind stolz, euch eine neue Blogserie vorzustellen, die „Men of today“ Serie! Es soll eine Art Pendant zu unserem Wicked Women Wednesday werden, denn nicht nur Frauen verändern diese Welt, selbstverständlich hinterlassen auch Männer einen wichtigen Beitrag und einen Fingerabdruck.
Da sich aber das Geschlechterbild in den letzten hundert Jahren sehr gewandelt hat, werden wir uns nicht nur mit Männern aus der Vergangenheit beschäftigen, sondern wir werden brandaktuelle Namen vorstellen, eben Männer von heute. Klingt einfach, es steckt aber mehr dahinter, als wir vielleicht denken. Denn, seien wir ehrlich, es gab viele Genies in den letzten Jahrhunderten, aber dadurch, dass Frauen sich ihren Weg in typisch männliche Domänen bahnen, hat sich auch etwas für unsere Herren verändert. Andere Einstellungen werden gefragt und das kostet Mut. Deshalb möchten wir Männer aus unserer Zeit beleuchten. Das soll nicht bedeuten, dass die Vergangenheit unwichtig ist, überhaupt nicht, aber die Gegenwart hat für uns mehr Bedeutung.
Wer das Interview mit khamodesign - Gründerin Sabina Annette Khan gelesen hat der weiß, dass sie ein großer Fan von Falk Richter ist, einem deutschen Autor und Regisseur. Und um ebendiesen soll es heute auch gehen. Bühne frei!
Falk Richter
Alles. Silikon
Dass Falk Richter einen derartigen Erfolg verzeichnen kann, liegt vielleicht an seiner Herkunft, denn er wurde 1969 in Hamburg geboren. Hier absolvierte er auch sein Studium in Linguistik, Philosophie und Schauspieltheaterregie. Dass er bei einigen der Besten ihres Faches gelernt hat (u.a. bei Jutta Hoffmann, Jürgen Flimm und Christof Nel), zeigte sich schon während seines Studiums durch eigene Regiearbeiten und durch Inszenierungen in Deutschland, Österreich, Schweiz, Frankreich und Skandinavien.
Wenn man geht, dann mit einem Knall, muss sich Richter bei seiner Abschlussinszenierung „Silikon“, von Gerardjan Rijinders gedacht haben, mit welchem er nicht nur Marie Bäumer zu einer der bekanntesten Schauspielerinnen Deutschlands machte, sondern auch Presse, Kritiker und Publikum überraschte, verstörte und nicht zuletzt jubeln ließ. Ein Verwirrspiel, Sätze, Dinge, die gesagt werden müssen, bleiben unvollendet.
1997, also kurze Zeit später, drängen Journalisten zu den Proben der nächsten Inszenierung. „Alles. In einer Nacht.“ berichtet von einer jungen Frau, die all ihre Grenzen bewusst in einer einzigen Nacht überschreiten will, um ihren zu einseitig gewordenen Lebensstrukturen zu entkommen. Was mag dann passieren? Ist sie dann ein anderer Mensch? Ist sie endlich erfüllt? Hat sie gefunden, wonach sie gesucht hat?
Man weiß es nicht, doch Richter fragt das Publikum nach ihren Grenzen.
Heldenlauf
Es kann einem manchmal fast schwindlig werden, nicht nur in der realen Welt, sondern auch von der Theaterbühne. Durch eine Vielzahl von Bildschirmen, die ein Spektakel der Furcht umrahmen, setzt sich Richter 2015 in seinem Stück „Fear“ mit einem Deutschland auseinander, dass nicht genau weiß, was typisch Deutsch ist, dies aber um jeden Preis verteidigen will. Fremde, Politik, Flüchtlinge, Ungeheuer der Zukunft, all das behandelt Richter darin und bricht dabei derart große Gräben auf, dass er Morddrohungen erhält, Klagen bei Gericht eingereicht werden und sogar von Seiten einer im Stück erwähnten Politikerin für ein Spielverbot plädiert wird. Richter trifft den Nerv der Zeit. Doch „Fear“ soll nicht nur die Ängste der Bevölkerung manifestieren, sondern auch zeigen, dass diese meist unbegründet sind und Rassismus, Gewalttaten und Antisemitismus selten für Frieden gesorgt haben.
Spätestens nach „Fear“ ist klar, dass Richter ein Mann des politischen Theaters ist, dennoch genügt ihm das noch nicht. Gesellschaftliche Strömungen bleiben ihm nicht verborgen, und so nimmt er sich mit dem Stück „Gott ist ein DJ“, ebenfalls aus seiner Feder, der immer größer werdenden Selbstinszenierung der Menschen über diverse Medien an.
Erzählt wird die Geschichte von ihm und ihr, einem Pärchen, das 24/7 sein Leben über Kameras festhält und es dann live ins Internet überträgt. Eine Performance, die nichts geheim lässt und immer wieder zu der Frage führt: „Was ist echt, und was nicht?“ Durch die immer wiederkehrende innere Suche nach Identität der beiden Charaktere breitet Richter den Wunsch der Menschen nach Echtheit und Authentizität vor dem Publikum aus. Am Ende bleibt die Frage: „Und wer bist du?“ Spannend, und immer aktuell.
Frieden, Vertrauen und Europa
Falk Richter scheint es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, Angst, Vorurteile, Unwissen und auch die Zerbrochenheit vieler Menschen aufzuspüren und auszuräumen. Wie sonst lassen sich seine Stücke „Peace“ (2000) oder „Trust“ (2009) erklären. In Ersterem wünschen sich vom System vergewaltigte Journalisten im Kosovo - Krieg zurück in die Hippiezeit in der Hoffnung, dort wieder Frieden zu finden. „Trust“ spürt die Schnelligkeit und Zerbrechlichkeit von Beziehungen, Körpern und Hierarchien in der heutigen Zeit auf.
Nicht zuletzt überzeugte Richter mit der Inszenierung „I am Europe“, welche am 01. Februar 2019 im Thalia Theater in Hamburg aufgeführt wurde. Was ist Europa, stellt sich hier die Frage. Aus der Sicht von acht jungen Männern und Frauen mit diversen Hintergründen wird von einem Kontinent erzählt, der unterschiedlicher nicht sein könnte. Und es ist ein versteckter Liebesbrief an eine neu geschaffene Vielfalt an Kulturen, Glaubensrichtungen und Individuen, welche aber unter den neuen politischen Strömungen und wiederauflebendem Nationalismus unterzugehen drohen. Temporeich, bebend, verwirrend, aus den Angeln gehoben. Genauso, wie sich Europa zurzeit präsentiert.
Falk Richter ist damit ein Mann am Puls der Zeit, mit dem offenbar dringenden Wunsch aufzuzeigen, dass es wichtiger ist, auf die Dinge zu schauen, die möglich sind, als auf die die nicht möglich sind. Und es scheint so als ob er damit Erfolg hätte, denn nicht umsonst war er der Regisseur des Jahres 2018 und wurde im gleichen Jahr auch von der französischen Regierung zum „Chevalier de l’Ordre des Arts et des Lettres“ erhoben. (z. dt.: Ritter des Ordens der Künste und Literatur.)
P.S.
Momentan laufen drei, von Falk Richter inszenierte Stücke, in Hamburg im deutschen Schauspielhaus. „Am Königsweg“ von Elfriede Jelinek, „Lazarus“, das einzige Musical von David Bowie, und „Serotonin“, ein Roman von Michael Houellebecq. Wer sich zurzeit in der Kulturstadt an Alster und Elbe aufhält, sollte sich keines davon entgehen lassen!
Karten gibt es unter schauspielhaus.de
Quellen:
Vimeo, „FEAR - Trailer 1 – Schaubühne Berlin – Text+Regie: Falk Richter“, Falk Richter, 2016
aufgerufen am 10.09.2019
FalkRichter, „I AM EUROPE – Weltpremiere in Straßbourg“, Falk Richter, Datum unbekannt
http://www.falkrichter.com/DE/home/
aufgerufen am 10.09.2019
nacht kritik, „Wer mag schon Kriege?“, Anke Dürr, 02.02.2019
aufgerufen am 10.09.2019
„Fear“
http://www.falkrichter.com/DE/work/theatre-play/86/
aufgerufen am 10.09.2019
deutsches Schauspielhaus Hamburg, „Falk Richter“, Autor unbekannt, Datum unbekannt
https://www.schauspielhaus.de/de_DE/ensemble/falk_richter.136345
aufgerufen am 10.09.2019
spiegel online, „Kopfüber in die Nacht“, Wolfgang Höbel, 28.10.1996
https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-9109993.html
aufgerufen am 10.09.2019
theatertexte, „Peace“, Falk Richter, 14.08.2001
https://www.theatertexte.de/nav/2/2/3/werk?verlag_id=s._fischer_verlag&wid=747808&ebex3=3
aufgerufen am 10.09.2019
arte, „Falk Richters „I am Europe““, Frédéderique Cantú, 2019
https://www.arte.tv/de/videos/088239-000-A/falk-richters-i-am-europe/
gorki, „Falk Richter“, Autor unbekannt, Datum unbekannt
https://gorki.de/de/ensemble/falk-richter
Der Artikel wurde geschrieben von Julia Köttritsch, einer Kostümdesign Studentin der HAW Hamburg. Sie ist für den Blog von khamodesign zuständig und bringt euch sowohl in regelmäßigen Abständen starke Frauen im Wicked Women Wednesday näher, als dass sie auch über die Neuigkeiten von khamodesign berichtet.
Kommentar schreiben